Heidenheim – Langenau
Die Brasserie des Schlosshotels Heidenheim ist am Morgen nicht ganz so entvölkert wie das Restaurant am vorherigen Abend.
Ich habe nicht sehr gut geschlafen, und Monty Python morgens um drei Uhr gucken hilft nicht beim Einschlafen. Wie auch immer: Um neun Uhr geht‘s los auf die lange Etappe. Das Wetter ist recht kühl, aber der Himmel ist blau und die Prognosen sind gut.
Ein kurzer Rückblick auf das Schlosshotel:

Der Weg ist gut ausgeschildert und kurzweilig, die Landschaft tendiert zum Homogenen: grundsätzlich flach mit wenigen Hügelchen. Aber auch auf denen kann man sich verlaufen, wenn man erstens unsorgfältig auf die Karte schaut, und zweitens dem eigenen Gefühl mehr vertraut als der Karte.
Den ganzen Morgen über wechselt der Weg vom Waldrand aussen zum Waldrand innen und umgekehrt. Grün ist es überall. Definitiv der schönste Wanderweg, den ich bisher gegangen bin – gut ausgeschildert, schön gepflegt, fast kein Hartbelag.


Um die Mittagszeit quere ich die A7, die Autobahn, die ich in meiner Hamburger Zeit jeweils genommen habe, um von HH nach ZH oder zurück zu fahren. Mit meinem schwarzen Golf GT 1800 mit der Nummer HH-VZ 1002 (seltsam, woran man sich erinnert und woran nicht). Natürlich kann ich mich an die Ausfahrt Niederstotzingen nicht erinnern. Der Verkehr ist dicht, und das Brausen und Tosen der Autos und Lastwagen ist weit zu hören.

Etwas später komme ich zum Lonetal, das eine Kombination von Vogelschutzpark und archäologischem Rundgang ist. Ganz am Schluss komme ich an einer Höhle vorbei, in der Artefakte aus der Jungsteinzeit gefunden wurden. Vor 50 – 70‘000 Jahren lebten Neandertaler hier, später dann Sapiens sapiens.
Und dann beginnen die Mühen der Ebene; etwa nochmals zwölf Kilometer mehr oder weniger gradeaus. Schön ist, dass der Weg immer wieder von Waldstücken unterbrochen wird. Übers Land mit Weitblick und Sonne, durch den Wald mit Schatten und Entspannung.

Ich höre einige Podcasts, das animiert das etwas langweilige Gehen. Im Gegensatz zum meinen Erwartungen haben die fünf GB Daten ganz gut gereicht; im Moment sind noch zweikommaein GB verfügbar.
Eingangs Langenau komme ich an mehreren Häusern mit dem bereits erwähnten Jägerzaun 2.0 vorbei; hier ein Foto, wie das mit Sichtschutz funktioniert.

Das Hotel liegt fast am südlichen Ende von Langenau, ich komme also in Genuss einer Städtchenbesichtigung. Langenau sucht einen neuen touristischen Leitspruch und lädt die Bürger ein, sich dazu zu äussern: Entweder “Die Stadt der Quellen und Mühlen“ oder “Die Stadt der Quellen und Störche“. Valable Alternativen, finde ich. (Danke für Hinweis, Ursula.)
Nach dem Studium der Speisekarte des Hotelrestaurants entscheide ich mich für einen Einkauf beim lokalen Lebensmitteldetailhändler. Ich habe keine Lust auf Schwäbischen Zwiebelrostbraten mit Spätzle und Röstzwiebeln oder das allgegenwärtige Wiener Schnitzel vom Schwein mit Pommes. Da chätsche ich lieber auf Tiroler Kaminwurzen mit Sesam-Leinsaat-Protein-Snacks herum. Und zum Dessert gibt‘s frische Himbeeren.
A propos Pommes: Mir fällt auf, dass immer mehr, vor allem aber nicht nur jüngere Menschen in der Deutschschweiz von “Pommes“ sprechen, eingedialektet. Das ist natürlich kompletter Unsinn, weil das heisst: Pommes frites (ausgesprochen: bommfrit, ich bin aber nicht ganz sicher, es könnte auch pommfritt sein). Macht aus frittierten Härdöpfel doch gleich ein kulinarisches Erlebnis.
Morgen eine Halbtagesetappe nach Ulm und am Mittwoch zurück nach Zürich. Ich möchte gerne wieder Kleider tragen, die nicht aus geschredderten PET-Flaschen bestehen. Und mehr als eine Nacht im gleichen Bett schlafen. Bin ich jetzt alt? Meine Füsse finden heute: Ja, definitiv, und lass uns in Ruhe.
Ah, noch ein kreativer Coiffeurname, den ich, glaube ich, in Lorch gesehen habe: „Kamm in“. Tatsächlich, stand so über dem Schaufenster.